Ecstatic Dance Demo #8 – oder wie man die Augen wieder zum leuchten bringt – Interview mit Veranstalter Pascal de Lacaze-Duthiers

Ecstatic Dance Demo #8 – oder wie man die Augen wieder zum leuchten bringt – Interview mit Veranstalter Pascal de Lacaze-Duthiers

Als ich vom weiten einen Horizont voller Menschen sah, Glitzer-Leggings, bunte Plüsch-Jacken und Tiermasken, da hat Berlins Amor mich wieder direkt im Herzen getroffen. Es war einfach eine Bombenstimmung am 01. Mai im ganzen Treptower Park und das Kernstück war die Ecstatic Dance Demo.

Die Sehnsucht nach dem „Zusammensein dürfen“, Tanzen und Toben war nicht zu übersehen.

Die Augen leuchteten wie das Staunen eines Kindes, welches die Welt als Wunder zu begreifen in der Lage ist.

Ein Tag voller Wunder. Freunde, die von hier und dort auf einen zugerannt kamen, Gesprächsfetzen über die Freude des Wiedersehens und die Ekstase der tanzenden Masse, brachte mich zum entzücken.

Das typisch musikalische Programm, von Drum ‚n‚ Bass, Weltmusik bis zu meditativen Klängen und Mantras, begleitet von Trommeln, Hang Drums und weiteren Instrumenten bringen nicht nur Abwechslung, sondern machen ganz einfach jedem Spaß. Die Klänge des Sound Healing Parts bringen einen tief in das Körperbewusstsein, während beim Drum ’n‘ Bass alles ausgetobt wird.

Ehrlich gesagt wollte ich gar nicht nach Hause.
Pascal de Lacaze-Duthiers, der Veranstalter der Ecstatic Dance Demo sagt folgendes zu der Demo und den aktuellen Umständen:

War es kompliziert Ecstatic Dance als Demo genehmigt zu bekommen?

Es ist nicht ganz einfach, aber wenn man weiß dass man z.b. auf einer Demonstration, auf der auch Musik und Tanz stattfindet, also aus dem Gesamtgepräge einer Versammlung, damit es den Schutz der Versammlungsfreiheit genießen kann – aus diesem Gesamtgepräge muss der meinungsbildende Charakter durch Sprachbeiträge mindestens Hälftig hervortreten. Das Andere wird gerne von der Versammlungsbehörde als themenzusammenhangslose Musik- und Tanzbeiträge gesehen. Ich habe denen auch erklärt, dass in der Musik auch Texte sind, die auch meinungsbildend sind, das wir über die Musik auch über diese Themen sprechen und das wir auch während der Musik ganz viele Handouts verteilen. Das wir – wie andere Demonstrationen auch – neue Wege gegangen sind und das es nicht immer ganz klar ist: “Reden sind meinungsbildend und Musik ist themenzusammenhangslos und hat keinen meinungsbildenden Charakter” – da haben wir mit der Veranstaltungsbehörde drüber diskutiert und das ist immer so ein bisschen eine Verhandlung, aber die lassen sich drauf ein und am Ende haben die es auch genehmigt. Ich habe auch mit der Polizei gesprochen, ich habe heute keine 1 gekriegt hat er gesagt, aber ich liege im 2er Bereich. Das liegt einfach daran, es ist 1. Mai, es sind einfach mehr Leute gekommen als gedacht. Aber das sind Kleinigkeiten, die Polizei ist ganz happy und finden das auch interessant.

Was musste alles geändert werden im Vergleich zu vorher, als es noch keine Demo war?

Also als es noch keine Demo war, haben wir hauptsächlich indoor veranstaltet. Da ist natürlich ein viel geschlossenerer Rahmen, da kommen wirklich nur die Leute hin, die da wirklich hin wollen – das heißt, man hat auf den Rahmen viel mehr Einfluss. Man kann es viel besser durchsetzen, das nicht gefilmt wird, das nicht geredet wird, wir fangen im Kreis an, aber seit der Pandemie ist das erstmal nicht mehr. Mal gucken, ob wir eine Möglichkeit finden, das mehr als Fortbildung zu designen. Jetzt ist es eine politische Demo und wir haben ja auch was zu sagen, es ist ja auch schön darüber zu sprechen, insofern nutzen wir das auch und es ist dennoch mit Ansprache, mit Einkehr, mit Conscious mit bewusstem Tanzen, mit Ecstatic Dance, mit diesem Vibe – also der Charakter kommt trotzdem raus. Wir zeigen, dass es ein Tanzritual ist, dieses besinnliche, das bleibt natürlich. 

Ich habe das Gefühl, alles das, was Berlin ist, das pausiert jetzt, das wurde irgendwie weggesperrt, wie findest du haben die Umstände die Atmosphäre von Berlin beeinflusst?

Berlin war mal ein sehr lebendiger, weltoffener Platz, wo man das Gefühl hatte, hier ist ein vorwärtsgewandter Zeitgeist. Also was die Klutur angeht, das hat sich mit der Pandemie natürlich verändert. Viele (für mich) interessante, spannende Leute wie Künstler, die hauen ab aus Berlin. Für Berlin…wenn das so weitergeht…das ist sehr traurig, wenn all die Leute weggehen. Ich überlege auch…also es ist jetzt nicht mehr der Ort, der es tatsächlich mal war. 

Was wäre denn dein Herzenswunsch, wie sich die Situation noch entwickeln könnte?

Ich möchte ja auch, das wir mit der Pandemie einen Weg finden, der funktioniert. Also ich bin jetzt auch nicht so “alles wieder so wie früher”, dann werden doch alle krank, dass weiß ich ja nicht. Ich bin ein bisschen verunsichert. Es gibt ja andere Konzepte und Maßnahmen, die gefunden werden, wo trotzdem Menschen eine Möglichkeit finden, auf eine Art sicher zusammen zu kommen, sich zu sehen, sich auszutauschen, Musik zu machen, Geselligkeit und Tanz, diese Sachen, die so vital sind für uns Menschen. Im Moment ist alles so auf Handbremse und sehr viele Leute spüren das und egal, wie man jetzt zu den Maßnahmen steht, spüren alle die Effekte von einer verödenden Kulturlandschaft. Jeder spürt, dass eine Welt ohne Geselligkeit, ohne Singen und Tanzen – eine traurigere Welt ist. Und das kann glaube ich jeder verstehen. Das macht was mit einem. Das hat mit mir was gemacht und Leute, mit denen ich spreche, berührt es ebenfalls. Ich will mich aber auch nicht so weit aus dem Fenster lehnen, denn „was weiß ich denn schon“, aber was ich weiß ist – was das auch immer ist mit der Pandemie – dieser Teil, das die Menschen keine Kulturen mehr miteinander genießen können, ist ein herber Schlag für die Menschheit. 

Okey wir haben jetzt diesen Weg gefunden, das veranstalten zu können, müssen halt immer gucken auf die Abstände, Masken – gerade wenn es sehr voll wird wie heute mit 1500 Leuten, dann haben wir natürlich viel zu tun immer, dann nimmt das zwar den flow ein bisschen raus, aber so ist es nunmal. Dafür hat es ja sehr gut geklappt, wenn mich die Polizei immer noch im 2er Bereich benotet. Es wird auf jeden Fall weitergehen. es gibt natürlich welche, die sagen “ah Tanz-Demo ist das neue Ding” und machen etwas, was nicht so sicher gehalten ist, was dann vielleicht wieder auf alle Tanz-Demos zurück fällt. Diese Entwicklung nun müssen wir sehr genau beobachten. Wir gehen mit dem Flow.